Das Zentrum für Distanzierungsarbeit (ZfD)

Das Zentrum für Distanzierungsarbeit (ZfD) ist eine Beratungsinstitution in Thüringen für das Handlungsfeld der Distanzierungsarbeit. Die Angebote des ZfD werden flankiert von den Projekten und Maßnahmen von Distanz e.V., insbesondere durch das Projekt D-Netz.

Das ZfD unterstützt Fachkräfte unterschiedlicher Felder in der professionellen Auseinandersetzung mit rechtsextrem einstiegsgefährdeten und -orientierten Jugendlichen. Multiplikator*innen werden beraten, wie ein konstruktiver Umgang mit jungen Menschen gestaltet werden kann, die durch Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und kontinuierliche Vorurteilsbildung auffallen und damit eben potenziell rechtsextrem einstiegsgefährdet und orientiert sind.

Das ZfD berät im Umgang mit Jugendlichen, die rechtsextrem einstiegsgefährdet und orientiert sind.

Das ZfD bietet bedarfsspezifisch Beratungen auf den unterschiedlichsten Kanälen, Coachings und Fortbildungen für Multiplikator*innen der Schulsozialarbeit, Offenen Jugendarbeit, Lehrer*innen und Jugendamtsmitarbeitende an, die mit Distanzierungsfällen arbeiten. In diesen Maßnahmen wird die Fähigkeit gestärkt, diese Jugendlichen zu erkennen und daraufhin Elemente und Methoden der Distanzierungsarbeit in die eigene Arbeit zu integrieren. Durch die Früherkennung und Intervention bei ersten rechtsextrem orientierten Anzeichen schließen wir die Lücke zwischen sogenannter primärer Präventionsarbeit (vorbeugende Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit) und der Ausstiegsarbeit (Loslösung aus Strukturen des organisierten Rechtsextremismus) und verhindern so unterschiedliche Einstiegsprozesse. Die Distanzierungsarbeit steht damit als eigenständiges drittes Element im Kontext der politischen Bildung zwischen allgemeiner Demokratiebildung und Ausstiegsarbeit und schafft gerade auch in sozialpädagogischen Strukturen ein wichtiges erweiterndes Angebot.

Das ZfD setzt an den Strukturen der Jugendhilfe vor Ort an und begleitet Pädagog*innen bei den Herausforderungen der Distanzierungsarbeit.

Das ZfD will gemeinsam mit den Multiplikator*innen die Jugendlichen erreichen, bevor sie verfestigte menschenverachtende Weltbilder annehmen bzw. sich in rechtsextremen Strukturen organisieren. Das ZfD unterstützt nachhaltig Pädagog*innen im Umgang mit ihren alltäglichen Herausforderungen und stärkt dadurch das Gemeinwesen im Umgang mit rechtsextremen Gefährdungslagen.

Das ZfD sensibilisiert für die Frühstadien rechtsextremer Hinwendung.

Formate: Einzelberatung -/ Coaching, kollegiale Fallberatung und Fortbildungen

Ganz konkret werden nach der ersten Kontaktaufnahme durch Beratungsnehmer*innen (in der Regel telefonisch bzw. per Mail) zusammen mit den Mitarbeiter*innen von Distanz e.V. der Bedarf eruiert und ein passgenaues Angebot entwickelt. Die Angebotspalette reicht je nach Bedarf von einem Telefon- bzw. Videogespräch mit einer Person, bis hin zu längerfristigen Beratungsgesprächen virtuell oder persönlich. Es können außerdem mehrere Personen (eines Teams) eine kollegiale Fallberatung wahrnehmen.

Nach der ersten Kontaktaufnahme wird ein passgenaues Angebot entwickelt.

Die kollegiale Fallberatung versteht sich als multiprofessionelles Netzwerk, das verschiedene Facetten und Strategien beratend und vertraulich teilt. Es soll sicherstellen, dass Distanzierungsfälle erkannt und kompetent bearbeitet werden – auch nach dem Distanzierungstraining. Dieses Setting profitiert stark von der Multiperspektivität auf eine Situation.

Kollegiale Fallberatung unterstützt Multiplikator*innen dabei, Distanzierungsfälle zu erkennen und sie einzuordnen.

Im Rahmen dieses Beratungssettings wird der Fall / die Situation ausführlich als Landkarte analysiert. Die Wahrnehmung der Multiplikator*innen wird mit Hilfe von regionalem und szenetypischen Wissen und Recherchen der Mitarbeiter*innen eingeordnet.

Auf Basis dieser Interpretation werden Handlungsstrategien für die eigene Praxis entwickelt und ggf. auch als Team strategische Interventionen geplant. Diese Beratung kann mehrfach erfolgen oder auch in Coachingstrukturen übergeleitet werden. Unter Umständen geht es auch darum, einen ersten verbindlichen Kontakt und eine Beziehung zu dem betroffenen jungen Menschen aufzubauen, die möglichst fortgeführt werden soll und – sofern ein Distanzierungsfall vorliegt – in einem Distanzierungstraining münden kann. Eine Einbindung von Fachkräften im Umfeld der Jugendlichen kann begleitend zu einem Distanzierungstraining stattfinden.

Verschiedene Blickwinkel helfen bei der Entwicklung von Handlungsstrategien für die eigene Arbeit.

Das ZfD bietet neben Beratungssettings auch themenspezifische Fortbildungen (Dauer ein bis 10 Tage) als Team oder für Einzelperson in einer gemischten Gruppe an. Das Fortbildungsangebot des ZfD ist als Baukastensystem konzipiert, mit dessen Hilfe je nach Ressourcen und Bedarfen der Anfragenden spezifisch eingegangen werden kann.

Das Fortbildungsangebot des ZfD als Baukastenprinzip fußt auf drei Basismodulen und weiteren Themenschwerpunkten.

Basismodule:
Wahrnehmung – Intervention – Strategieplanung

Als drei Basismodule fungieren in Bezug auf rechtsextreme Einstiegsprozesse die Themen Wahrnehmung, Intervention und Strategieplanung. Die Themenmodule können auch unabhängig von den Basismodulen gebucht werden.

Symbolbild Wahrnehmung: Zahnrad mit Auge
Basismodul: Wahrnehmung

Ein Mensch wird nicht von heute auf morgen extrem rechts.

Je später ein Radikalisierungsprozess bei einer jungen Person wahr- und ernstgenommen wird, desto schwieriger wird die Intervention. Oft wohlwollend gemeinte Einschätzungen wie „das ist nur Provokation“, „das ist eine Phase“ oder „das kommt alles von den Eltern“ greifen für eine Analyse deutlich zu kurz und umgehen zielführende Interventionen.

Doch: Wie gelingt die Früherkennung? Was ist bei Einzelfallanalysen zu berücksichtigen? Wie kann das im Arbeitsalltag angewendet werden?

Hierfür wird im Überblick auf zugrundeliegende Einstellungen im Rechtsextremismus eingegangen. Facettenreich wird die Frage geklärt, weshalb sich Personen überhaupt von extrem rechten Positionen angezogen fühlen. Im Weiteren wird auf Risikofaktoren eingegangen, die es begünstigen können, dass junge Personen gegenüber extrem rechten Positionen aufgeschlossen sind. Den Teilnehmenden wird außerdem vermittelt, wie sie mit Menschen ins Gespräch zu politischen Themen kommen können, um die Hintergründe ihrer Aussagen besser einzuordnen.

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Symbolbild Intervention: Person mit Megaphon
Basismodul: Intervention

Pädagogische Fachkräfte begegnen in ihrem Alltag immer wieder der Herausforderung, auf Äußerungen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit oder rechtsextremer Haltungen adäquat zu reagieren. Doch in welcher Situation bietet sich welche Intervention an?

Wie kann interveniert werden, ohne die Beziehung zu gefährden? Und was hindert eigentlich daran, pädagogisch ins Handeln zu kommen?

Interventionen hängen nicht nur von der konkreten Handlung ab, auf die reagiert wird, sondern unterscheiden sich entlang der Beziehungsebene zu den Jugendlichen, der Arbeitsperspektive und situativen Faktoren. Die Best-Practice-Beispiele der Teilnehmenden werden ergänzt durch die Vermittlung diverser Gesprächstechniken.
Außerdem geht es um den Umgang mit vermeintlichen Argumenten, sodass Diskussionen nicht entgleiten. Die Erarbeitung von Exit-Strategien komplettiert die Interventionsmöglichkeiten.

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Symbolbild Strategieplanung: Schachfigur
Basismodul: Strategieplanung

Pädagogische Fachkräfte müssen sich oft mit begrenzten Ressourcen, schwierigen Situationen in ihrem Arbeitsalltag stellen. Dazu zählt auch die Auseinandersetzung mit Personen, die Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeiten oder extrem rechte Positionen teilen. Nachhaltig können diese Interventionen nur sein, wenn die Einzelhandlungen der Fachkräfte Teil einer möglichst ganzheitlichen Strategie der Einrichtung sind.

Zentraler Bestandteil dieser Fortbildung ist es, ein Analyseinstrument einzuführen, durch das ermöglicht wird, die Ausgangslage einer Einrichtung umfassend in den Blick zu nehmen. Dadurch wird die Strategieplanung vorbereitet, die im Mittelpunkt steht.

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Themenmodule

In allen Modulen ist die Reflexion eigener Haltungen verankert.

Darauf aufbauen können themenspezifische Module gebucht oder mit Basismodulen kombiniert werden. Aktuell zu folgenden Themen:

  • Jugendkulturelle Bildung: Jugendkultur als Zugang zur Lebenswelt und Empowerment; die Instrumentalisierung von Jugendkulturen durch menschenverachtende Gruppen / Akteur*innen
  • Online Lebenswelt: Einordnung von Online-Phänomenen, Infos zu rechtsextremen Kanälen und Narrativen, Rolle von Filterblasen als Radikalisierungsmotoren, die Integrationsmöglichkeiten von Online-Lebenswelten in die eigene Praxis
  • Politisch-Historische Bildung: Vermittlung von Methoden der politisch-historischen Bildung, Möglichkeiten der Integration historischer Ereignisse in die Lebenswelt von jungen Menschen über Mikrogschichten; Informationen zur Instrumentalisierung historischer Ereignisse durch rechtsextreme Narrative
  • Gender: Die Rolle von Gender und pädagogische Möglichkeiten der Thematisierung von Gender; Rollenangebote der rechtsextremen Szene in Bezug auf Gender, Reflexion von genderspezifischen Rollen im Team / als Pädagog*in
  • Medien-Sensibilisierung: Identitäts- und wertebezogene Überprüfung von Medieninhalten; Umgang mit Fake-News und Quellenkritik
  • Verschwörungsideologien: Psychologische Faktoren und Funktionen von Verschwörungsideologien, pädagogische Umgangsformen und Interventionsmöglichkeiten, Analyse der Instrumentalisierung der Corona-Pandemie
  • Systemische Konfliktlösung: Auseinandersetzung mit Ansätzen der Gewaltprävention, der Konfliktbearbeitung und -transformation sowie Deeskalationsstrategien mit systemisch-lösungsorientierten Elementen

Wir begreifen Beratung im Bereich der Distanzierungsarbeit im Umgang mit rechtsextrem einstiegsfährdeten und orientierten jungen Menschen über das Arbeitsfeld von Pädagog*innen hinaus. Die Beratung macht auch vor den betreffenden Strukturen des Gemeinwesen nicht Halt, so stehen wir hierfür auch Schulen und Jugendclubs, Akteur*innen der Partnerschaften für Demokratie oder anderen Gremien beratend zur Seite, wenn lokale rechtsextreme Gefährdungslagen sich auf die Lebenswelt der Jugendlichen und jungen Erwachsenen auswirken. Das ZfD kooperiert hier eng mit anderen Beratungsinstitutionen im Handlungsfeld Rechtsextremismus.

Info zu Fortbildungangeboten des ZfD (PDF, ca. 250 KB)

Laufzeit des Projekts

01.01.2020 bis 31.12.2024

Gefördert durch

Logo und externer Link: Geförder von: Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend. Im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben!"
Freistaat Thüringen, Ministerium für Bildung, Jugend und Sport
Logo und externer Link: Denkbunt, Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit